Durch Urgewalten geformt
Sie sind faszinierend, spektakulär, wildromantisch und zugleich beeindruckende Zeugnisse der Erdgeschichte: Schluchten und Klammen
Besucher von Schluchten und Klammen – einer Landschaft, die von Urgewalten geformt wurde – können die Auswirkung von Naturkräften hautnah erleben. Hier zeugen die durch Erosion freigelegten Gesteinsschichten von der ständigen Veränderung der Landschaft.
Bei einer Schlucht handelt es sich um eine besondere Talform – schmal und mit steilen Hängen. Eine Schlucht ist im Gegensatz zur Klamm etwas breiter und verfügt über keine senkrechten Wände. Besonders enge Schluchten mit meist nur wenigen Metern Breite, in welchen der gesamte Talgrund von einem Wasserlauf eingenommen wird, werden als Klamm bezeichnet – die extremste aller Talformen. Eine Klamm entsteht oft, wenn ein Fließgewässer eine Barriere aus Festgestein überwinden muss. Dabei gräbt sich das Wasser mit großen Kräften durch sehr harten Fels. Somit wird das Flussbett von nahezu senkrechten, bis über einhundert Meter hohen, teils überhängenden Wänden umgrenzt. Diese vom Wasser glatt geschliffenen Seitenwände bestehen aus äußerst hartem Gestein und sind somit erosionsresistent. Dadurch bleiben sie über Jahrtausende nahezu unverändert erhalten, während sich die Klamm selbst stetig weiter vertieft.
Breitachklamm, Foto: www.bayern.by © Gert Krautbauer
Nachfolgend sind hier fünf dieser besonderen Naturattraktionen vorgestellt.
Die Breitachklamm befindet sich im Allgäu, in Oberstdorf. Sie gilt, mit einer Länge von 2,5 Kilometern und einer Tiefe von circa 150 Metern, als tiefste Felsenschlucht Mit-teleuropas. Hier bilden rund 100 Meter hohe Felswände, von welchen zum Teil kleine Wasserfälle herabrieseln, die Kulisse.
Zugänglich gemacht wurde die größte Schlucht des deutschen Teils der Alpen bereits vor 100 Jahren. Seither können die Besucher die Klamm entlang an der Wand hängender Stege, unter teilweise überhängenden Wänden und durch felsiges Gestein gehauene Gänge bewandern. Besucht werden kann die Breitachklamm das ganze Jahr über. Im Winter verleihen riesige Eiszapfen und Eisgebilde an den Felswänden diesem Ort ein außergewöhnliches Aussehen.
Für Schulklassen werden exklusive Führungen durch die Breitachklamm angeboten, denn eine Wanderung durch die Klamm ist, aufgrund der gut begehbaren und gesicherten Wege, auch für Kinder geeignet. Zudem kann in den Wintermonaten eine Fackelwanderung durch die nächtliche Klamm gebucht werden. Eine vorherige Anmeldung beim Breitachklammverein ist in jedem Fall erforderlich.
Partnachklamm, Foto: www.bayern.by © Gert Krautbauer
Im Reintal, nahe Garmisch-Partenkirchen, hat die Partnach eine Klamm in das Felsgestein geschnitten: die Partnachklamm mit ihren tosenden Wassermassen und einem einmaligen Schauspiel aus Licht und Farben.
Bis zu teilweise 80 Meter fallen hier die Wände steil ab. War es in früheren Zeiten noch lebensgefährlich, diese 699 Meter lange Klamm zu begehen, so ist sie seit 1912 für den Tourismus erschlossen und wurde 2003 als eines von „Bayerns 100 schönsten Geotopen“ ausgezeichnet. Ein Ausflug zu dieser Klamm lohnt sich auch im Winter, wenn das gefrorene Wasser die Wände in imposante Eisgebilde verwandelt. Meterlange Eiszapfen ragen dann von den steilen Felswänden und wachsen zu riesigen Eiswänden mit einer Höhe von bis zu 30 Metern zusammen.
Schulklassen können die Klamm auch bei einem abendlichen, außergewöhnlichen Erlebnis kennenlernen – und zwar bei einer Fackelwanderung, welche bei verschiedenen Anbietern buchbar ist.
Um die längste erschlossene Klamm in den nördlichen Kalkalpen handelt es sich bei der Leutaschklamm – eine gewaltige von teils 75 Meter hohen Felswänden umgebene Schlucht mit einem großen Wasserfall. Zu finden ist diese Klamm an der südöstlichsten Spitze von Bayern, in Mittenwald. Zum Teil verläuft sie auch durch Österreich.
Bereits 1880 wurde die Leutaschklamm bis zum 23 Meter hohen Wasserfall teilweise erschlossen, wobei die komplette touristische Erschließung dann erst 2006 erfolgte. Seitdem gibt es neben einem alten Zugang auf bayerischer Seite noch einen grenzüberschreitenden Weg.
Heute führen insgesamt drei verschiedene Pfade durch die ganzjährig geöffnete, auch Geisterklamm genannte Schlucht: der Wasserfallsteig, der Koboldpfad und der Klammgeistweg. Der Wasserfallsteig ist mit über 130 Jahren der älteste Pfad. Er führt die Wanderer auf hölzernen Planken, nur wenige Meter über dem Wasser, rund 200 Meter tief in die Klamm bis zum unbezähmbaren Wasserfall. Unmittelbar am Einstieg zum Wasserfallsteig beginnt auch der zweite Weg: der 1,9 Kilometer lange Koboldpfad. Entlang dieses Pfades gibt es für die Besucher 40 Infopunkte, welche auf unterhaltsame und kindgerechte Weise über die Entstehung der Leutaschklamm und deren Geheimnisse informieren. Insgesamt rund 3 Kilometer lang ist der Klammgeistweg, der dabei etwa 850 Meter direkt durch die Leutaschklamm führt. Seinen Namen erhielt dieser Weg in Anlehnung an eine alte Sage, nach der in der Klamm ein Geist oder Kobold gelebt haben soll.
Kirnitzschklamm, Foto: TMG Sachsen mbH © Judith Spancken
Schon seit Jahrhunderten bildet die Kirnitzsch bei Hinterhermsdorf, mitten im Elbsandsteingebirge, die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen, denn sie fließt hier durch eine tief eingeschnittene Schlucht: die Kirnitzschklamm. Seit mehr als 100 Jahren gehört die Kinitzschklamm zu den beliebtesten Ausflugszielen in der Sächsischen Schweiz.
Durchwandert werden kann die Klamm über mehrere Kilometer hinweg auf einem in den Felsen gehauenen Weg oder man entdeckt die Klamm auf einer Strecke von rund 800 Metern per Kahnfahrt auf der hier angestauten Kirnitzsch.
Im Mittelalter nutze man die Kirnitzsch zum Flößen von Holz. Um das zu ermöglichen, erfolgte 1567 der Bau einer Staumauer aus Holz, die später durch ein steinernes Bauwerk ersetzt wurde. Die Kahnfahrten durch die Schlucht werden im Sommerhalbjahr von einem Verein angeboten. Das Kuriose hierbei ist, dass sich dabei die auf der Backbordseite sitzenden Besucher zumeist in Tschechien befinden und die auf der Steuerbordseite sitzenden in Deutschland. Nach Ende der Bootsfahrt werden die Besucher an der Oberen Schleuse abgesetzt, von wo aus sich der Rückweg über das Hermannseck lohnt – eine etwa 20 Meter lange und nur etwa 50 Zentimeter breite Felsspalte.
Teufelsschlucht, Foto: Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH © Dominik Ketz
Eine weitere von Naturgewalten geformte Landschaft befindet sich im Naturpark Südeifel: die Teufelsschlucht – eng, kühl und dunkel. Aber nicht der Teufel hat diese bizarre Felsenlandschaft geformt, sondern geologische Prozesse während der letzten Eiszeit sind dafür verantwortlich. Zu dieser Zeit führte der Wechsel von Frost- und Tauperioden zu gewaltigen Felsstürzen. Damals kippte ein riesiger Sandsteinblock aus der Plateauwand heraus und öffnete somit eine heute 28 Meter tiefe und 1 bis 5 Meter breite Felsspalte. Aufgrund der umherliegenden moosbewachsenen Steinblöcke, großen Baumstämme und merkwürdigen Felsgebilde, wirkte diese Landschaft auf die Menschen, als hätte der Teufel hier persönlich getobt. So kam die Schlucht zu ihrem Namen Teufelsschlucht.
Über 140 ausgetretene Steinstufen führen die Besucher hinein in den riesigen Fels. Rechts und links ragen steil die Sandsteinwände in die Höhe.
Schulklassen können verschiedene pädagogische Angebote des Naturparkzentrums nutzen, um die Schlucht und die Umgebung zu erkunden.
Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de