Faust-Museum Knittlingen

Mythos Faust „lebendig“ präsentiert

Das Faust-Museum in Knittlingen (Baden-Württemberg), mit speziellen Angeboten für Schüler, ist das einzige Museum, welches sich diesem besonderen Thema widmet und dieses modern aufbereitet

Johann Georg Faust, ein wandernder Wunderheiler, Alchemist, Magier, Astrologe und Wahrsager, soll vor etwa 500 Jahren in Knittlingen gelebt haben und schied bei einer Explosion aus dem Leben. Er wurde zu einer faszinierenden Figur der Kulturgeschichte. Sein Leben gilt als historische Vorlage der Faust-Sage und somit auch der bekannten Werke von Johann Wolfgang von Goethe.

Faust-Museum
Erdgeschoss – Faust-Quellen  Foto: © Hans Hooss für Faust-Museum

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In Knittlingen, in Baden-Württemberg, gibt es das weltweit einzige Themen- und Literaturmuseum zum Faust-Mythos – das seit 1980 im alten Rathaus, einem Fachwerkgebäude aus dem 19. Jahrhundert, etablierte Faust-Museum. Bei diesem speziellen Museum handelt es sich nicht um ein Goethemuseum, vielmehr um eine ausführliche Darstellung des faustischen Mythos. Nach einer dreijährigen, kompletten Umgestaltung der Ausstellung erfolgte im Januar 2022 die Neueröffnung des Museums, mit neuen thematischen Abteilungen, einer Vielzahl von Medien, kindgerechten Bereichen sowie interaktiven Elementen.

Faust-Mythos

„Die Ausstellung zeichnet den Faust-Mythos und die Entwicklung des literarischen Stoffes von seinen historischen Wurzeln in der Renaissance mit dem Knittlinger Alchemisten Johann Georg Faust, er lebte von 1490 bis 1540, über die Entstehung der ersten literarischen Adaptionen und Goethes Meisterwerken bis heute nach“, erklärt Dr. Denise Roth. Seit 2015 ist sie Leiterin des Museums. „Dabei werden die Ausprägungen des Themas rund um das Teufelspakt-Motiv in allen Medien präsentiert, wie Literatur, Theater, Musik, Film und Bildende Kunst. Deutlich wird, dass es gerade dieses Kernelement, der Bund mit dem Bösen als konstituierendes Element, ist, welches den Faust-Stoff kennzeichnet und gleichzeitig die Wandelbarkeit wie auch zeitlose Relevanz der faustischen Werke versichert.“

Faust-Museum
Zweiter Stock – Goethes Faust visualisiert und Bühnenbild  Foto: © Hans Hooss für Faust-Museum

Ausstellung

Die chronologisch aufgebaute Ausstellung erstreckt sich auf drei Ebenen und umfasst eine Ausstellungsfläche von etwa 300 Quadratmetern. „In der ersten Hälfte der Ausstellung, beginnend mit der Stadtgeschichte Knittlingens, gelangt der Besucher in die Welt der Renaissance und kann sich im Umrunden eines Zentralpodestes mit den Quellen zur historischen Faust-Gestalt nicht nur dessen Leben ‚erlaufen‘, sondern auch die Einordnung in die Weltgeschichte mit all ihren Repräsentanten der kultur- und gesellschaftsgeschichtlichen Strömungen und Entwicklungen nachvollziehen“, berichtet die Museumsleiterin.

Sonderausstellung

Eine Sonderausstellung mit dem Titel Alchemie – Wissenschaft oder Teufelspakt schließt sich dem mutmaßlichen Ende des historischen Fausts im Rahmen eines alchemistischen „Betriebsunfalls“ mit Schwarzpulver an. Ein zeittypisch eingerichtetes Alchemie-Labor der Renaissance veranschaulicht zum einen die Praktiken, Instrumente, Substanzen und beschäftigt sich zum anderen mit den ideellen Zielen der Alchemisten sowie deren Kommunikationswegen – alchemistische Prozesse und Prinzipien wurden über allegorisch-mythologische Illustrationen, über Texte und sogar Lieder vermittelt. Das Haupt-Exponat ist ein hexagrammförmiger Schrank mit auf Alchemie und Magie bezogenen Symbolen. Dieser sechseckige Sternschrank stammt aus dem sogenannten „Faust-Geburtshaus“. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts, in der Scheune vergraben, gefunden, ferner ein Pergamentzettel mit magischen Symbolen. Beide Fundstücke stellen absolute Unikate dar, deren Erforschung derzeit von wissenschaftlicher Seite vorangetrieben wird.

In der zweiten Hälfte der Dauerausstellung geht es um die Legendenbildung und die Entstehung der Idee des faustischen Teufelspaktes, mit dem Hinzugesellen der neuerdachten Figur des Mephistopheles. Die ersten Faust-Bücher aus dem 16. Jahrhundert, Puppenspiele und Volksstücke rund um Fausts Teufelsbund samt finaler Höllenfahrt nach 24 Jahren führen in die Zeit der Aufklärung mit Lessings Faust-Fragment sowie auch zu Johann Wolfgang von Goethe und seinen Faust-Werken.

Das Puppenspiel vom Doktor Faust – Puppentheater Hohnsteiner  Foto: © Hans Hooss für Faust-Museum

Goethe

„Ein eigener Goethe-Imaginations-Raum verdeutlicht nicht nur Inhalt und Themen des Faust I und II, sondern führt in Goethes poetologische Arbeitsweise ein, vermittelt die neuen Akzente, die Goethe bei diesem schon alten Stoff setzte, sensibilisiert aber auch für Goethes Sprache, seine Poesie, die Prägnanz und gleichzeitige Bedeutungstiefe seiner Dichtung“, so Denise Roth. „Hier kann in Goethes Text eingetaucht, den einzelnen Protagonisten Faust, Mephisto und Margarethe nachgespürt und sich in deren Handlungsmotivation eingefühlt werden. Und auch die eigene Identifikation kann hinterfragt werden. Der Blick wird hier ganz auf Goethe Sprache und seine Gestaltung gelenkt: Welche Bezeichnungen hat er für seine Figuren? Wie entwickeln sie sich im Laufe des Stückes? Und wer kommuniziert mit wem, oder gerade nicht? Sekundärliteratur ist hier nicht nötig, der eigene Blick über Goethes Schulter auf den Text genügt völlig.“

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Museumspädagogik

Als außerschulischer Lernort bietet das Haus museumspädagogische Programme für Schulklassen aller Schularten. Zu den Angeboten zählen Führungen und Workshops. Deren Durchführung erfolgen durch die Museumsleiterin sowie einen studentischen Mitarbeiter. Führungen dauern etwa eineinhalb Stunden. Im Vorfeld können auch Schwerpunkte vereinbart werden. Allgemein wird aber jeder Themenbereich angesprochen. „Unser Ziel besteht darin, die Relevanz dieses Themas auch für den persönlichen Alltag zu verdeutlichen, Freude am Umgang mit Sprache und Literatur zu erwecken und auch zu sensibilisieren, welche literarischen und künstlerischen Werke, wie auch Musik und Film, mit dem Teufelspakt-Motiv arbeiten, Beispiel Star Wars oder Herr der Ringe“, informiert die Museumsleiterin.

Workshops finden nach einer ausführlichen Führung durch das Museum im Vortragssaal des Archives statt. Denise Roth: „Bei den Workshops geht es, in Absprache mit dem Leh-rer, nochmals zugespitzt um Faust-Motive und die Essenz des Goetheschen Faust.“ Anschließend arbeiten die Schüler in Gruppen. Dabei können sie zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Umsetzung des Themas wählen, wie beispielsweise der Erarbeitung eines Ausstellungskonzeptes, dem Entwurf einer Theaterinszenierung, dem Verfassen eines investigativen Artikels über einen Teufelspakt in der Wirtschaft oder Politik, oder der Entwicklung eines Drehbuches für ihre Lieblings-Netflix-Serie, in der ein Protagonist eine faustische Situation erlebt. Nach eineinhalbstündiger Arbeitszeit stellen dann die einzelnen Gruppen ihr Werk vor und es wird kurz diskutiert.

„Wir sind generell offen, wie eine Führung oder ein Workshop ablaufen kann. Wir haben vorbereitete Konzepte, können uns aber auch auf andere Themen konzentrieren. Wichtig ist, dass die Schüler schöpferisch, kreativ mit dem Teufelspakt-Motiv arbeiten. So gelingt ein neuer Zugang zum Goetheschen Faust“, gibt die Museumsleiterin Auskunft. „Die Rückmeldungen der bisherigen Workshop-Teilnehmer zeigen, dass die Schüler unverkrampfter mit Goethes Sprache umgehen können, sie keine Hemmschwellen mehr haben, ihre eigene Interpretation zu entwickeln, sie einen persönlichen Bezug zum Text erlangen und damit mehr Spaß und auch befriedigendere Ergebnisse beim Lesen und Interpretieren haben.“

Besucher

Das Museum wird hauptsächlich von Schulklassen der gymnasialen Oberstufen, aber auch von Schülern der 10. Jahrgangsstufe besucht. Wobei die Klassen vorrangig aus der Region und den benachbarten Bundesländern kommen. „Abiturienten, die Faust als Prüfungsstoff vorbereiten, sind jedes Jahr zu Gast. Und alljährlich kommt eine gesamte Jahrgangs-Oberstufe aus dem Taunus zu uns“, freut sich Denise Roth.

Kontakt
Faust-Museum

Kirchplatz 2
75438 Knittlingen
Telefon 07043 – 9 50 69 22
faustmuseum@knittlingen.de
https://faustmuseum.de

Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de

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