Berliner Medizinhistorisches Museum

Reise durch 300 Jahre Medizingeschichte

Außergewöhnliche Einblicke in die Entwicklung der Medizin ermöglicht das Berliner Medizinhistorische Museum, welches nach dreijähriger Renovierungsphase im Juni 2023 wiedereröffnet wurde

Seit 2020 wurde das Berliner Medizinhistorische Museum der Charité modernisiert und im Juni 2023 wiedereröffnet. Auf allen sieben Etagen erfolgten Um- und Ausbauten sowie eine Ausstattung mit zeitgemäßer Museumstechnik. Zudem entstand unter anderem ein neuer, großzügiger Eingangsbereich mit einem Multifunktionsraum für die Museumspädagogik und einem Schaulabor. Ferner gibt es nun einen großen Vorplatz, und die Fassade wurde mit großen Glassegmenten versehen und somit in den Stadtraum geöffnet. Anlässlich der Wiedereröffnung des Museums startet auch die Sonderausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“.

Anatomisches Theater  Foto: bmm © Thomas Bruns

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Die Geschichte des Museums begann um die Wende zum 20. Jahrhundert, und zwar im „Pathologischen Museum“ an der Berliner Charité. Auf fünf Etagen gab es zu dieser Zeit in großen gläsernen Schauvitrinen beinahe alle damals bekannten Erkrankungsformen zu sehen. Es entstand ein beeindruckendes „dreidimensionales Lehrbuch der Pathologie“. Ins Leben gerufen wurde dieses Museum vom weltberühmten Berliner Arzt und Pathologen Rudolf Virchow. Bis 1899 baute Rudolf Virchow seine Sammlung auf über 20.000 Präparate aus. Seine Idee bestand darin, jede damals bekannte Krankheit an ihrem typischen Krankheitsort sowie an weiteren Organen, die befallen werden können, in ihren charakteristischen Stadien und eigentümlichen Verläufen zu dokumentieren. Nach der Dezimierung der Sammlung durch verheerende Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg, wurde sie allmählich wieder aufgebaut. Der Wunsch, die Präparate wieder öffentlich zu präsentieren, nahm Ende der 1970er Jahre konkretere Formen an. Erste Schauvitrinen wurden auf den Gängen des Instituts für Pathologie sowie im Museumsgebäude aufgestellt und mit einschlägigen Objekten bestückt. Mit der deutschen Wiedervereinigung wandelten sich Name und Konzept des Projekts. Unter der Bezeichnung Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité erfolgte die Wiedereröffnung des Museums im Jahr 1998.

Museumseingang  Foto: bmm © Marcus Ebener

Heute befindet sich das Museum noch immer im ehemaligen Museumshaus des Instituts für Pathologie auf dem traditionsreichen Gelände der Charité (Campus Mitte) und ist bekannt für seine pathologisch-anatomische Sammlung, welche rund 10.000 Präparate umfasst.

In der Dauerausstellung „Dem Leben auf der Spur“ erhalten die Besucher außergewöhnliche Einblicke in die Entwicklung der Medizin der letzten 300 Jahre. Gezeigt werden Bilder und Modelle vom menschlichen Körper. Außerdem wird ein Abriss darüber geboten, was sich aus der medizinischen Entwicklung für Diagnostik und Therapie ergab, ohne die Sicht des Patienten zu vergessen. Zu sehen sind unter anderem rund 750 zumeist pathologisch-anatomische Feucht- und Trockenpräparate. Die acht vollverglasten Schauvitrinen stammen noch aus Virchows Zeit. Jede Vitrinenfront ist einem größeren Organ gewidmet, wie beispielsweise dem Gehirn oder dem Herzen, oder einer funktionell zusammenhängenden anatomischen Region, wie dem Atmungs- oder Verdauungstrakt. Dem Betrachter wird zunächst die normal entwickelte, gesunde Körperstruktur vorgestellt. Anschließend fällt der Blick auf eine Auswahl eindrücklicher Krankheitsbefunde in Organpräparaten der jeweiligen anatomischen Region. Und am Vitrinenende wird schließlich jeweils ein besonderes Krankheitsbild – für das Herz etwa der Herzinfarkt, für die Leber die Leberzirrhose – aufgerufen.

Der zeitlich im frühen 18. Jahrhundert beginnende Rundgang durch die Dauerausstellung führt zunächst in das Anatomische Theater. Über das anatomische Museum geht es dann weiter in den Seziersaal des Pathologen, in den Präparate-Schausaal Ru-dolf Virchows, in die spezialisierte Klinik, in die Labore der medizinischen Forschung und an das Bett eines Kranken.

Historischer Krankensaal  Foto: bmm © Thomas Bruns

Ergänzend zur Dauerausstellung gibt es Sonderausstellungen, mit denen das Museum immer wieder neue Aspekte der Medizin und Medizingeschichte beleuchtet. Überdies begegnen sich in kleineren und größeren Präsentationen häufig Kunst und Medizin.
Von Juni 2023 bis 28. Januar 2024 ist die Sonderausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“ zu sehen. Die Neurowissenschaften beschäftigen sich mit dem zentralen Körperorgan, dem Gehirn, welches aus wissenschaftlicher Sicht in seinen Strukturen und Funktionen noch in vielerlei Hinsicht als unverstanden gilt. Im Fokus der Ausstellung steht die Hirnforschung an der Charité. In 20 Themenfeldern geht es unter anderem um moderne Bildgebung, Gedankenlesen, Hirnsimulation und Hirnstimulation, Gehirn-PC-Schnittstellen, Bewegungsstörungen, Sucht und Schlaganfall und als besondere Herausforderung um Autoimmunität, Alzheimer und Demenz sowie um neurochirurgische Eingriffe am wachen Patienten. Zudem weitet die Ausstellung den Blick auf den Zusammenhang zwischen Gehirn und Kunst.

Foto: Augenmodell © bmm

Mit der Hörsaalruine des ehemaligen Rudolf-Virchow-Hörsaales, den Ende des Zweiten Weltkrieges Fliegerbomben zerstörten und der in den Nachkriegsjahren notdürftig wiederhergestellt wurde, besitzt das Museum einen besonderen Veranstaltungsort. Seit Mitte der 1990er Jahre steht die „konservierte“ Hörsaalruine, ausgestattet mit Standard-Konferenztechnik, als Ort für unterschiedliche Veranstaltungen zur Verfügung. Bis zu 100 Personen finden hier Platz.

Das Museum der Charité hat sich zu einer anerkannten Einrichtung seiner Art entwickelt. Jährlich zählt das Museum rund 90.000 Besucher aus dem In- und Ausland. Gerade Schüler höherer Jahrgangsstufen sowie Auszubildende und Studierende in medizinischen Berufen, aber auch sehr viele interessierte Laien nutzen die verschiedenen Ausstellungen, um sich über medizinische sowie kultur- und wissenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge zu informieren. Wegen der besonderen Wirkung zahlreicher pathologisch-anatomischer Präparate, die im Museum zu sehen sind, sollten die Besucher das 16. Lebensjahr erreicht haben. Somit können Schulklassen ab der Klassenstufe 10 angemeldet werden. Da der Anteil der Schulklassen, Ausbildungsklassen sowie Studenten am gesamten Besucheraufkommen ca. 85 bis 90 Prozent beträgt, sind die Guides auf die altersgerechte Führungsart eingestellt. Schulkassen kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, schwerpunktmäßig jedoch aus Berlin und Brandenburg.

Die Erkundung des Museums kann im Rahmen von unterschiedlichen Führungen erfolgen, die für Gruppen und Einzelbesucher in deutscher und in englischer Sprache angeboten werden. Möglich sind einstündige Führungen durch die Dauerausstellung; eineinhalbstündige Führungen durch die Dauer- und Sonderausstellung; einstündige historische Geländeführungen; und zweistündige Kombiführungen, bestehend aus historischer Geländeführung und Dauerausstellung. Gruppen mit maximal 25 Personen (auch ohne Führung) sollten sich vorher anmelden.

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Aufgrund der behindertengerechten Ausstattung des Museums sind alle Ausstellungsbereiche und Veranstaltungsräume auch per Rollstuhl barrierefrei zu erreichen.

Kontakt
Berliner Medizinhistorisches

Museum der Charité

Charitéplatz 1
10117 Berlin
Telefon 030 – 450 536 122
bmm@charite.de
www.bmm-charite.de

Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de

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