Klettern und Bouldern in Indoor-Kletterhallen

Höhenluft schnuppern, Grenzen überwinden

Indoor-Kletterhallen ermöglichen Schulklassen, auf altersgerechten Parcours, Klettererlebnisse mit großem Spaßfaktor und pädagogischem Wert

In den letzten Jahrzehnten ist die Anzahl der künstlichen Kletterhallen in Deutschland stark angestiegen. Gab es 1990 nur zwanzig Hallen, waren es im Jahr 2021 schon über 500. Ihr Vorteil besteht nicht nur im wetter-unabhängigen und ziemlich sicheren Klettern, künstliche Kletterhallen bieten auch in Regionen Gelegenheiten zum Klettern, in denen von den geografischen Gegebenheiten her keine solche Möglichkeiten vorhanden sind.

Klettern in der Kletterhalle Willingen

Foto: Kletterhalle Willingen, © Matthias Drzezla

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Welche Arten des Indoor-Kletterns gibt es?

Im Grunde kann zwischen drei Arten des Indoor-Kletterns unterschieden werden: dem Klettern (oder auch Sportkletten) in der Halle, dem Bouldern in der Halle und dem Klettern in Indoor-Kletterparks. Alle drei Varianten bieten Klettergelegenheiten und entsprechende Routen für verschiedene Altersstufen, von ganz jung bis hochbetagt.

Beim Klettern in der Halle trägt der Kletterer einen Hüftgurt und wird vom Partner mit einem Seil sowie einem speziellen Sicherungsgerät gesichert. Die Höhe der üblichen Kletterwände liegt normalerweise zwischen 8 und 20 Metern. Bestückt sind die Kletterwände mit verschieden farbigen Griffen und Tritten, die aus Polyesterharz bestehen. Jede Route in der Kletterhalle hat einen, durch einheitliche Farbe gekennzeichneten, bestimmten Schwierigkeitsgrad, welcher auch durch Form, Größe und Anordnung der Griffe sichtbar ist. Grundsätzlich verhält es sich so, dass die Kletterroute umso schwieriger ist, je kleiner die Griffe und Tritte und je größer deren Abstände sind und je überhängender die Kletterwand ist. Um in das Sportklettern einzusteigen, muss eine Einweisung erfolgen.

Foto: AV Kletterzentrum Augsburg © Eckhart Matthaeus

Anders als beim Sportklettern verhält es sich beim Bouldern in der Halle. Dieses findet in niedrigeren Höhen, von bis zu maximal 4,50 Metern, in Absprunghöhe statt. Da die Anlagen mit durchgängigen und ausreichend dicken Matten ausgestattet sind, kann ein Sturz zuverlässig abgefedert werden. Somit wird das Verletzungsrisiko auf ein Minimum reduziert. Im Vergleich zum Sportklettern sind beim Bouldern beinahe keine Ausrüstung oder Vorwissen über Sicherungstechniken notwendig. Es ist die intuitivste Form des Kletterns, wobei die Herausforderungen in der Technik und der Kreativität liegen, aber ebenso in der Körperbeherrschung, in einer besonderen Koordination sowie dem gezielten Einsatz von Kraft. Schwierige Routen sind durch teilweise sehr verwinkelte Wandkonstruktionen so eingerichtet, dass entsprechende Lösungsstrategien entwickelt werden müssen.

Eine andere Art des Kletterns ermöglichen die Indoor-Kletterparks, auch Indoor-Hochseilgarten genannt. Hier bieten sich den Kletterern mehrere Parcours unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade. In kleineren Anlagen sind es zum Beispiel 7 Parcours und in Deutschlands größtem Indoor-Kletterpark 14. Die Kletterfreunde balancieren, gesichert mit Seil und Klettergurt, beispielsweise über Hängebrücken, hängende Sprossen, über zwischen Plattformen gespannte Seile oder andere schwingende Hindernisse, springen von Fass zu Fass oder erklimmen horizontal schaukelnde Strickleitern. Vorkenntnisse für das Klettern im Kletterpark braucht es nicht, ein gutes Koordinierungsvermögen und Schwindelfreiheit sind allerdings von Vorteil. Voraussetzung für ein sicheres Klettererlebnis ist eine fachkundige Einweisung.

Foto: © BergWerk.Berlin

Welche Kleidung eignet sich zum Klettern?

Um entspannt zu klettern ist es von Vorteil, in Sachen Kleidung einiges zu beachten. Da man sich beim Klettern in verschiedene Richtungen bewegt, sollte die Kleidung in erster Linie bequem sein und eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit ermöglichen. Daher ist zu enge Kleidung ebenso ungeeignet wie sehr weite oder schlabberige Kleidung, die ein Hängenbleiben begünstigen könnte. Zu beachten wäre auch, dass viele Kletterwände beschichtet und somit rau sind wie grobes Schmirgelpapier. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei der Kleidung auf robuste Materialien zu achten. Auch sollte bedacht werden, dass man beim Klettern ins Schwitzen kommt, und wer schwitzt, friert dann leichter. Eine Jacke oder ein Pulli zum Überziehen nach dem Klettern sogt für Wohlbefinden. Wichtig für das Klettern sind vor allem trittfeste Schuhe. Und Personen mit langen Haaren sollten diese gut zusammenbinden, damit sich die Haare nicht im Sicherungsgerät oder Seil verfangen können.

Was ist bezüglich Essen und Trinken zu beachten?

Es wird empfohlen, mindestens zwei Stunden vor dem Klettern keine großen Mahlzeiten zu essen. Aber leicht verdauliche Snacks wie Banane, Müsliriegel oder Ähnliches können eine Stunde im Voraus verzehrt werden, weil der Körper diese schnell verdaut hat und sie zudem rasch Energie liefern. Fett- und Eiweißbomben dagegen verdaut der Körper langsamer, sie liegen lange im Magen. Da Klettern und Bouldern anstrengende, schweißtreibende Sportarten sind, sollte besonders auf eine ausreichende und regelmäßige Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Diese ist nicht nur wichtig für die Konzentration, sondern auch für das gute Funktionieren der Muskeln. Bei einem zu geringen Wasserhaushalt würden die Muskeln den Dienst versagen. Als Getränke empfehlen sich Wasser oder Apfelschorle. Die meisten Kletterhallen verfügen über kleine Bistros, manche bieten auch große Speisen, andere nur Getränke. Darüber kann man sich vorher erkundigen, oder, um sicher zu gehen, Getränke und vielleicht einen Snack oder eine Banane mitnehmen.

Wie sieht es mit der Sicherheit beim Indoor-Klettern aus?

Klettern ist eine gesundheitsfördernde Sportart mit relativ geringem Verletzungsrisiko, weitaus geringer als beim Fußball. Das Klettern in der Kletterhalle gilt als sehr sicher, soweit die Kletterer den Anweisungen der Trainer folgen und alles richtig machen. Denn vor dem Zugang zur Kletterhalle erhält jeder Kletterer eine umfassende, fachkundige Einweisung – das ist Pflicht. Anschließend muss er einem Trainer nachweisen, dass er alles verstanden hat, indem er die Handhabung der Ausrüstung vorführt. Somit soll bei richtiger Anwendung ausgeschlossen werden, dass ein Kletterer unbeabsichtigt ungesichert im Kletterparcours steht. Während des Kletterns sind professionelle Trainer immer in Rufweite, um bei Bedarf unterstützen oder eingreifen zu können. Alle Kletterhallen in Deutschland sind nach entsprechenden Sicherheitsstandards gebaut und werden vor der Inbetriebnahme zertifiziert. In allen Einrichtungen hat die Sicherheit oberste Priorität. Beim Besuch einer Kletterhalle mit der Schulklasse muss der Lehrer über keinerlei Befähigung im Klettern verfügen. Normalerweise ist der Besuch von Gruppen über die Haftpflichtversicherung der Kletterhalle abgesichert. Bis Klassenstufe 6 wird empfohlen, dass Lehrer und Betreuer pro 10 Schüler mindestens einen Erwachsenen einplanen, der aktiv mitklettert. Geklettert wird dann in altersgerechten Parcours.

Welche Vorteile hat das Klettern für die Schüler?

In körperlicher Hinsicht ist das Klettern für Kinder und Jugendliche äußerst gut für das Gleichgewicht, als zentrale koordinative Fähigkeit. Es ist ein spielerisches Krafttraining für den Körper in allen möglichen Positionen, die räumliche Orientierungsfähigkeit wird dabei geschult ebenso wie die Auge-Hand-Koordination, es ist förderlich für die Fein- und Grobmotorik und für Ausdauer und Belastbarkeit. Klettern verbessert in jeder Hinsicht das Körpergefühl.

Im mentalen Bereich fördert das Klettern die Konzentration und stärkt das Selbstbewusstsein, denn es geht darum, eigene Grenzen wahrzunehmen und zu überwinden. Ebenso hat das Klettern eine positive Wirkung auf die Selbsteinschätzung, das Verantwortungsbewusstsein, die Reflexionsfähigkeit, das Vertrauen und die Frustrationstoleranz.

Außerdem ist Klettern für die Schüler nicht nur ein Erlebnis mit hohem Spaßfaktor, sondern auch pädagogisch wertvoll. Durch die Partnersicherung lernen die Schüler Verantwortung zu übernehmen und sich auf den anderen zu verlassen, was die Teamfähigkeit fördert, denn Indoor-Klettern ist eine Teamsportart. Darüber hinaus lernen die Schüler, Ziele zu definieren und Problemlösestrategien zu entwickeln.

Die Tatsache, dass Schüler auf altersgerechten Parcours klettern, führt in jeder Klassenstufe und bei jedem Schüler ziemlich sicher zu Erfolgserlebnissen.

Gibt es notwendige Voraussetzungen, um Klettern zu können?

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Einige notwendige Voraussetzungen be-stehen lediglich in der Lernbereitschaft, da beim Indoor-Klettern natürlich erst die Grundlagen und Sicherheitsregeln zu erlernen sind. Weiterhin ist ein gutes Körpergefühl notwendig, um an das Ziel der Kletterroute zu gelangen und fokussiert zu bleiben. Wichtig ist auch ein entsprechendes Konzentrationsvermögen. Denn, ob als Kletterer an der Wand oder als Sichernder am Boden, während der Kletteraktion müssen beide Parteien immer konzentriert bleiben und ihre Aufgaben genau erfüllen. In manchen Kletterhallen ist bei Schulgruppen eine Mindestkörpergröße der Schüler von 1.30 Metern Voraussetzung zum Klettern.

Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de

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