Sachsens Jugendherbergen
2019 feiert der sächsische Jugendherbergsverband sein 100-jähriges Bestehen.
Einst einfache Wanderunterkünfte entwickelten sich zu modernen Herbergen,
unter anderem mit pädagogischen Programmangeboten für Schulklassen.
Die Geschichte der Jugendherbergen an sich begann im Sommer 1909. Zu dieser Zeit unternahm Richard Schirrmann, der im sauerländischen Altena als Volksschullehrer arbeitete, mit seinen Schülern eine achttägige Wanderung von Altena nach Aachen.
In der ersten Nacht war die Gruppe in einer Scheune untergekommen. Ein freundlicher Bauer versorgte sie mit Decken und spendete ihnen etwas zu Essen.
In der zweiten Nacht gab es ein heftiges Gewitter und der Lehrer konnte mit seinen Schülern eine Schule als Nachtquartier nutzen, nachdem ein Bauer eine Übernachtung in seiner Scheune abgelehnt hatte. Aber er gab ihnen ein bisschen Stroh, welches sie in die leerstehende Schule mitnahmen.
Und während das Unwetter die ganze Nacht tobte, als müsse die Welt untergehen, und die wandermüden Jungen fest schliefen, lag Richard Schirrmann hellwach. Ihm kam der Gedanke, dass es in jedem wanderwichtigen Ort in Tagesmarschabständen eine gastliche Jugendherberge zur Einkehr für die wanderfrohe Jugend Deutschlands geben müsste.
So nahm der Jugendherbergsgedanke seinen Anfang.
Rasch fand die Idee des Jugendwanderns zahlreiche Freunde und Förderer, bis es schließlich zur Gründung eines eigenständigen Vereins kam. Das war die Geburtsstunde des „Deutschen Jugendherbergswerks“ (DJH).
Im Jahr 1912 wurde die erste ständige Jugendherberge eröffnet – in der Burg Altena im Sauerland. Noch heute befindet sich hier eine Jugendherberge und außerdem das „Museum Weltjugendherberge“, wo sich Besucher in die Entstehungszeit der Jugendherbergen versetzen können.
Am 4. Oktober 1919 erfolgte, unter dem Namen „Deutsche Jugendherbergen, Zweigausschuss Sachsen, Dresden“, dann auch die Gründung des sächsischen Jugendherbergsverbandes.
Eine Vielzahl der Jugendherbergen in Sachsen nahmen bereits in den 1920er Jahren ihren Betrieb auf. Jugendherbergsstandorte wie Frauenstein, Sayda, Neudorf, Klingenthal, Johanngeorgenstadt, Bad Schandau, Bad Lausick oder Bautzen sind immer noch ein wichtiger Teil des sächsischen Herbergsnetzes.
„Heute hat unser Landesverband 24 Jugendherbergen in eigener Trägerschaft, mehr als 70.000 Mitglieder und jahresdurchschnittlich etwa 250 Beschäftigte“, berichtet Alexander Ladwig, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender. „Damit ist der Landesverband ein kompetenter Partner im Erziehungs- und Bildungswesen. Im Jahr 2017 konnten die Übernachtungen im schulischen Bereich verstetigt werden. Insgesamt wurden hier rund 140.000 Übernachtungen generiert.“
Gab es in den Gründungsjahren der Jugendherbergen häufig noch große Schlafsäle und nur wenige kleine Zimmer für die Betreuer, so verfügen die heutigen Herbergen über viele Doppel- und Mehrbettzimmer sowie separate Einzelzimmer für begleitende Lehrkräfte. Mit den Jahrzehnten wurden der Komfort und Service den gewandelten Gästewünschen angepasst.
Zu den Basisleistungen eines Aufenthaltes in sächsischen Jugendherbergen gehören neben der Übernachtung, inklusive Bettwäsche, auch entsprechende Verpflegungsleistungen. Das Angebot diesbezüglich reicht vom „All you can eat-Frühstücksbüfett“ über Vollpension, Themenbüfetts, Grillabende und Lunch-pakete bis hin zur Sonderverpflegung, wie beispielsweise für Vegetarier, Veganer oder bei Allergien.
„Was Klassenfahrten betrifft, so möchten wir Lehrern und Erziehern eine möglichst umfangreiche Unterstützung zukommen lassen, denn der Schulalltag ist oftmals stressig genug“, so Alexander Ladwig. „Unsere Rundum-Sorglos-Pakete beinhalten nicht nur Übernachtung und Verpflegung, sondern auch pädagogische Programme, die Organisation des Transfers mit Bus oder Bahn, Checklisten, Elterninformationen, Versicherungsinformationen sowie einen modernen Zahlungs-standard, um keine großen Geldsummen mehr transportieren zu müssen.“
Bei der Gestaltung der pädagogischen Pauschalangebote oder individueller Programmangebote orientieren sich die sächsischen Jugendherbergen an den Zielen und Inhalten der Lehrpläne.
„Die Themen werden abwechslungsreich und spielerisch umgesetzt und ständig weiterentwickelt“, erklärt Alexander Ladwig. „So kann man in den sächsischen Jugendherbergen ins Mittelalter oder unter Tage abtauchen und sich vor oder hinter der Kamera ausprobieren. Gesellschaftliche Themen werden ebenfalls aufgegriffen. In Görlitz wurde beispielsweise ein besonderes Suchtpräventionsangebot entwickelt, welches neben erlebnispädagogischen Inhalten für Schüler auch eine Weiterbildung für die begleitenden Lehrkräfte enthält.“
Aber nicht nur den pädagogischen Angeboten schenken die Teams der einzelnen Jugendherbergen entsprechende Beachtung. Auch ausreichende und auf die Wünsche der Kinder und Jugendlichen angepasste Freizeitangebote spielen eine große Rolle, damit diese in den selbstbestimmten Zeiten auf Klassenfahrt eignen Interessen nachgehen können.
Auf die Fragen, welche der Häuser in den letzten Jahren bei den Gästen besonders beliebt waren, antwortet Alexander Ladwig: „In den Jahren 2016/17 zählten unter anderem die Jugendherbergen in Görlitz, in Plauen, in Hormersdorf oder Schloss Colditz zu den Spitzenreitern. Aber auch eine der kleinsten Jugendherbergen Sachsens, mit einfacher Ausstattung, die Herberge in der Raummühle in Grumbach, erfreut sich großer Beliebtheit. Die Umwelt-Jugendherberge liegt mitten im Naturschutzgebiet und verfügt über einen eigenen Naturlehrpfad, einen Kräutergarten sowie einen Teich mit Mühlrad und hat sich ganz dem Thema Umweltbildung verschrieben.“
Görlitz ist die östlichste Stadt Deutschlands. Bei der Jugendherberge in Görlitz handelt es sich um eine neue, 2010 eröffnete Jugendherberge mitten in der historischen Altstadt. Schulklassen können hier zwischen acht Angeboten wählen, die sich an unterschiedliche Klassenstufen richten.
Dort, wo einstmals die Einsatzfahrzeuge parkten, befindet sich heute der Speisesaal. Hungrige Gäste können, wenn es schnell gehen muss, über die Rutschstange direkt zur Verpflegung gelangen.
Übernachtungsmöglichkeiten in historischen Gemäuern bietet die Jugendherberge Schloss Colditz. „In England sowie in den englischsprachigen Ländern ist ´Colditz Castle´ jedem Schulkind ein Begriff und es gilt, einmal im Leben dort gewesen zu sein“, informiert Alexander Ladwig. „Diesen großen Bekanntheitsgrad erlangte das Schloss durch sein legendäres Gefangenenlager. Denn während des Zweiten Weltkrieges waren hier namhafte alliierte Offiziere inhaftiert, wie beispielsweise der Neffe Churchills. Deren waghalsige Ausbruchaktionen werden bis heute durch Geschichten und Filme am Leben gehalten.“
Auch die Jugendherberge Falkenhain ist seit Jahren ein beliebtes Ziel von Schulklassen. Bedingt durch die Lage, direkt an der Talsperre Kriebstein, können die Klassen hier Angebote am und auf dem Wasser nutzen. Als Unterkünfte dienen skandinavisch anmutende Bungalows.
Detaillierte Informationen zu den einzelnen Jugendherbergen und ihren Angeboten sind auf der Internetseite der sächsischen Jugendherbergen zu finden.
Um die einzelnen Häuser besser zu präsentieren, wurde damit begonnen, virtuelle Rundgänge zu erstellen. Unter http://rundgang-plauen.jugendherberge.de können zum Beispiel Gästezimmer, Frühstücksbüfett, Seminarräume und Weiteres der Jugendherberge Plauen virtuell erkundet werden.
DJH Landesverband Sachsen
Zschopauer Straße 216
09126 Chemnitz
Telefon 0371 – 56153 17
service-sachsen@jugendherberge.de
www.jugendherberge-sachsen.de
Fotos: DJH Landesverband Sachsen (5), DJH Strehla © Robert Müller
Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de