Jüdisches Museum Westfalen

Geschichte des Judentums in Westfalen

In der neuen Dauerausstellung zeigt das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten verschiedene Aspekte der jüdischen Religion und westfälisch-jüdischen Geschichte. Pädagogische Angebote des Museums helfen,
einen Ausstellungsbesuch zu vertiefen.

„LeChaim! Auf das Leben!“ nennt sich die neue Dauerausstellung, die seit dem 16. Dezember 2018 im Jüdischen Museum Westfalen, in Dorsten, zu sehen ist. Hier geht es auf 300 Quadratmetern um 1.000 Jahre westfälisch-jüdische Geschichte und jüdische Religion.
Eine dreijährige Vorarbeit und längere Umbauarbeiten gingen der Eröffnung der neuen Dauerausstellung, der dritten in der Geschichte des Museums, voraus. Mit mehr als 200.000 Euro hat das Land Nordrhein-Westfalen die Neugestaltung und Entwicklung von Vermittlungskonzepten gefördert. Unterstützt wurden Konzeptentwicklung und Umsetzung durch die Landeszentrale für politische Bildung.

Die neue Dauerausstellung berührt, zusätzlich zu den bisher behandelten Themen, auch Aspekte wie jüdische Vielfalt, die NS-Geschichte der Region, Ein- und Auswanderung, jüdische Ethik und Jüdischsein in der Gegenwart. Erweitert und vertieft wurde außerdem die Darstellung jüdischer Lebenswege in Westfalen. Zudem kommen neue Medien und neue Techniken der Präsentation, wie die digitale Bildschirmpräsentation, zum Einsatz. Und die Besucher sollen in der neuen Ausstellung zum Mitmachen animiert werden.

Jüdisches Museum Westfalen

Foto: JMW

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„Unsere Besucher können die vielfältige Geschichte und die Traditionen des Judentums aktiver als bisher entdecken“, erklärt Mareike Fiedler, pädagogische Mitarbeiterin im Museum. „So kann beispielsweise in einem Bereich die hebräische Schrift und Sprache kennengelernt und ausprobiert werden, an den verschiedenen thematischen Stationen stehen Audiogeräte zur Verfügung, und im Herzen des großen Ausstellungsraumes ist ein spiralförmiger Tisch installiert, der den jüdischen Kalender und seine Feiertage erläutert. Auch geht es um die Bedeutung von Synagoge und Tora.“
Viele der ausgestellten Exponate sind intensiv mit individuellen Lebensgeschichten jüdischer Menschen aus der Region verbunden. Fotos, Bücher, Skulpturen, Briefe, Urkunden, aber auch zahlreiche persönliche Gegenstände gewähren einen Einblick in insgesamt sechzehn ausführlich vorgestellte Biografien und machen jüdische Geschichte erlebbar.
Ergänzend stehen an vielen Stellen in der Ausstellung Hörstationen zur Verfügung. Hier kommen die porträtierten Personen und andere jüdische Stimmen selbst zu Wort.
Ein weiteres Thema ist die unterschiedlich motivierte jüdische Migration durch die Jahrhunderte, die einen Bogen bis in die Gegenwart spannt.
Außerdem gibt es nun Stationen nur für Kinder, um ihnen einen altersgerechten Einstieg in die Thematik zu ermöglichen. Dabei erfahren die Kinder anhand ausgewählter Exponate spannende Geschichten und haben die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, beispielsweise einzelne Gegenstände anzufassen und auszuprobieren, wie die Kopfbedeckung Kippa oder die Gebetsriemen Tefillin.

Um das Museum zu erkunden, können Besucher das Führungsangebot nutzen. Für Schulklassen verschiedener Jahrgangsstufen bietet das Museum eine Reihe unterschiedlicher Themen und Formate an. Die Themenführungen und andere pädagogische Angebote finden nach Abstimmung auch außerhalb der Öffnungszeiten statt. Schulgruppen müssen sich grundsätzlich anmelden und wegen des Besuchstermins sollte möglichst frühzeitig eine Absprache mit dem Museum erfolgen.
Aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten sind die Gruppen bei Führungen nicht größer als 20 Personen. Größere Gruppen werden geteilt.
„Unsere Ausstellungsbegleiter orientieren sich bei den Rundgängen an den Interessen und dem Alter der Gesprächspartner. Je nach Diskussionsfreude und Größe der Gruppe sollte bei einer Führung mit einem Zeitaufwand von ungefähr 60 bis 90 Minuten gerechnet werden“, gibt Mareike Fiedler Auskunft. „Wir bieten den Schulen zudem an, den Besuch im Jüdischen Museum umfassend zu begleiten. Mitarbeiter kommen in die Schule und betreuen den Prozess von der Entscheidungsfindung über die Vorbereitung des Besuchs, die Teilnahme am pädagogischen Angebot des Museums bis zur Nachbereitung an der Schule.“

Zum pädagogischen Programm gehört beispielsweise das zweieinhalbstündige Angebot „Führung mit Workshop“ für die 3. bis 6. Jahrgangsstufe. Bei diesem Programm geht es um eine Einführung ins Judentum – mit Liedern sowie Gegenständen zum Anfassen und Ausprobieren. Darüber hinaus zählen die Zubereitung von Feiertagsspeisen, das Schreiben von hebräischen Schriftzeichen mit Hilfe von Schablonen oder das Kennenlernen traditioneller Spiele zum Inhalt.

Für Schüler ab der 7. Klasse bietet das Museum auch Projekttage inklusive Führung an. Diese Programme haben eine Dauer von dreieinhalb bis viereinhalb Stunden.
Eines der verschiedenen Angebote für Projekttage richtet sich an Schüler ab der 9. Jahrgangsstufe und behandelt das Thema „Ausgrenzung und Verfolgung im Nationalsozialismus“. Hierbei beschäftigen sich die Schüler während der Führung durch die Dauerausstellung mit Tradition und Kultur des Judentums sowie der Judenverfolgung. Und anschließend werden in Kleingruppenarbeit, anhand jüdischer Einzelschicksale, unterschiedliche Formen der nationalsozialistischen Verfolgung dargestellt. Außerdem wird die Frage diskutiert: Was habe ich damit zu tun?
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich komplexe Themen am besten anhand von Biografien erschließen lassen“, so Mareike Fiedler. „Dabei geht es immer auch um das Aufzeigen von Handlungsspielräumen, wodurch der Bogen in die Gegenwart geschlagen werden kann.“
Über weitere Angebote für Schulklassen informieren die Internetseiten des Museums.

Die Entstehung des Jüdischen Museums Westfalen geht auf eine Bürgerinitiative in den 1980er Jahren zurück, aus welcher 1987 ein Verein entstand, der sich dem Aufbau eines Dokumentationszentrums widmete. So konnte im Jahr 1992 schließlich das Museum in einem Altbaugebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende, im Zentrum von Dorsten, eröffnet werden. Seit 2001 verfügt das Museum über einen zweistöckigen Anbau, der neben der Dauerausstellung auch einen Veranstaltungssaal beherbergt sowie ein großzügiges Foyer und eine Bibliothek.
Von außen ist der Neubau aus bautechnischer Sicht interessant. Er kombiniert mehrere hintereinander gestaffelte Kuben. Etwas Besonderes stellt auch die Klinkerfassade dar. Sie besteht aus teilweise geborstenen Ziegeln, deren teilglasierte Oberflächen zu einem facettenreichen Farbenspiel führen, welches dem Gebäude tagsüber und nachts besondere Effekte beschert. Im Jahr 2002 wurde der Altbau renoviert und umgebaut. Seitdem dient er unter anderem als Ort für Wechselausstellungen.
Im Außenbereich ist ein kleiner Garten mit einigen Skulpturen vorhanden. Dieser kann als Erholungsort in Veranstaltungspausen genutzt werden.
Da das Museum barrierefrei ist, sind sämtliche Ausstellungs- und Veranstaltungsräume auch für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte erreichbar.

Kontakt
Jüdisches Museum Westfalen

Julius-Ambrunn-Straße 1
46282 Dorsten
Telefon 02362 – 45279
info@jmw-dorsten.de
www.jmw-dorsten.de

Foto: JMW

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Autorin: © Katrin Mickel | Freie Texterin | www.katrin-mickel.de

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